WetterstationEinwohner und Besucher unserer Stadt haben sich in zunehmendem Maße in den letzten Monaten über den nächtlichen Lärm aus dem Tagebau beschwert. Dieses Problem ist nicht neu, denn bereits mit Schreiben vom 15.10.2009 hat Herr Höhna von Vattenfall unserer Bürgermeisterin mitgeteilt: "Wir versichern Ihnen, dass wir auch weiterhin die wie bereits im Schreiben vom 09.07.2009 geschilderte Herangehensweise fortsetzen, um die vom Tagebau ausgehenden Lärmemissionen auf das unvermeidbare Mindestmaß zu beschränken." Seit nunmehr vier Jahren hat Vattenfall sicher viel getan, um die Lärmemissionen zu senken. Was aber das zumutbare Mindestmaß ist, darüber streitet Vattenfall immer noch kräftig weiter, denn die eigentliche Aufgabe, den Lärm so zu vermindern, dass er uns nicht mehr stört, hat Vattenfall nicht gepackt.

Die bisher einzige realisierbare Möglichkeit ist ein technisch sehr wohl machbarer nächtlicher Stillstand. Da so etwas aber eine Einbuße an Profit bringt, wehrt sich Vattenfall heftig dagegen und wird dabei durch Lobbyisten aus dem Landesamt für Bergbau Geologie und Rohstoffe (LBGR) unterstützt. Der § 22 BImSchG sagt aus: Es müssen "schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind." Damit ist alles gesagt, wenn es Vattenfall nicht gelingt, nachts den Tagebau leise zu betreiben, dann gibt es von 22 bis 6 Uhr die technische Möglichkeit eines Stillstands der Lärm erzeugenden Anlagen.

Wenn in der TA-Lärm, einer Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutz-gesetz, Tagebaue nicht zum Geltungsbereich gerechnet werden, dann ist das schon Lobbyarbeit aus den 60er Jahren gewesen. Das LBGR hat in seiner Richtlinie vom 10.12.2001 aber die Grenzwerte der TA Luft zur Lärmbelästigung auch für Tagebaue verbindlich gemacht, deshalb gilt für Allgemeine Wohngebiete nachts ein Grenzwert von 40 dB (A) als Maximum, für reine Wohngebiete sogar nur 35 dB (A). Das LBGR ist aber der Meinung, dass es in Welzow gar keine Wohngebiete gibt, sondern nur so genannte Mischgebiete (Gewerbe und Wohnen) und dass deshalb in Welzow nachts ein Lärm von 45 dB (A) gestattet ist.

Da die Messungen des Lärmpegels, die das LBGR im Einvernehmen mit Vattenfall macht, immer nur kurzzeitig stattfinden, haben die Stadtverordneten beschlossen, "dass am östlichen Stadtrand eine Schallpegelmessung installiert wird, deren Messergebnisse in geeigneter Form öffentlich im Stadtgebiet angezeigt werden und gleichzeitig aktuell auf der Internetseite der Stadt Welzow veröffentlicht werden."

Gegen eine derartige Messung, die Klarheit darüber schaffen könnte, wie hoch die Lärmbelästigung der Welzower zu jedem Zeitpunkt ist, hat sich vor allem das LBGR in Person des Herrn Dr. Obst gewandt. Er schreibt in seiner Stellungnahme: "Die …. angestrebte Messung und Anzeige … ist technisch … nicht möglich." Nach einer Reihe populärwissenschaftlicher Erläuterungen kommt er dann zu dem Schluss: "Würde man unbewertete Messsignale zur Anzeige bringen, würde der Höchstwert, der auch angezeigt werden soll, mit 99%iger Wahrscheinlichkeit durch Hundegebell, Vogelzwitschern, vorbeifahrende Autos o.ä. erzeugt". Damit unterstellt er den Einreichern der Vorlage sozusagen mangelndes Fachwissen, denn wir sind sehr wohl davon ausgegangen, dass derartige Schallereignisse natürlich sofort ausgefiltert werden und somit gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden.

Wir haben weiterhin Herrn Obst in der Stadtverordnetenversammlung darauf hingewiesen, dass an Flughäfen direkte Lärmmessungen in das Internet gestellt werden. In Berlin-Schönefeld geschieht das mit einer 20-minütigen Verzögerung, weil die Daten erst entsprechend aufbereitet werden müssen. Das hat Herrn Obst natürlich nicht in den Kram gepasst, deshalb hat er nicht das Beispiel aus seinem eigenem Land, für das er ja auch verantwortlich ist, genommen, sondern hat den Frankfurter Flughafen angeführt, auf dem die Veröffentlichung teilweise eine Woche dauert.

Dankenswerterweise hat sich nun Vattenfall bereit erklärt, dass im Monat November eine Langzeitmessung des Lärms in Welzow mit dem firmeneigenen Messwagen durchgeführt wird. Dieser steht in der Nähe der Kachelmann-Wetterstation (Bild). Die Auswertung der Messdaten wird dann in der Arbeitsgruppe "Lärmmessungen" der Stadtverordnetenversammlung durch ein unabhängiges Büro durchgeführt.

Wir sind der Meinung, dass es in Auswertung dieser Messungen eine ständige kontinuierliche Messung der Lärmimmissionen geben wird. Damit haben wir dann immer einen Nachweis gegenüber Vattenfall, ob die Lärmbelastung über dem zulässigen Wert gelegen hat.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, wir bitten Sie bis Ende November um genaue Beobachtungen des nächtlichen Lärms, damit wir in der Arbeitsgruppe auch die entsprechenden Vergleiche zwischen den gefühlten und den objektiv gemessenen Werten ziehen können. Für entsprechende Hinweise wäre ich Ihnen als Mitglied dieser Arbeitsgruppe dankbar.

Übrigens, der Flughafen Schönefeld bzw. in Zukunft BER ist nicht nur bei der Offenlegung der Lärmmessungen vorbildlich, sondern auch bei der Entschädigung der von Lärm betroffenen Bürger aus seiner Nachbarschaft. So hat Herr Mehdorn im Airport Magazin "Gate" folgendes geschrieben: "..viele der vom Fluglärm betroffenen Hausbesitzer erhalten zwar eine finanzielle Entschädigung von 30 Prozent ihres Hauswertes, - aber eben keinen Lärmschutz. Wir wollen jedoch wirksamen Lärmschutz für unsere Nachbarn. Das ist das Ziel, das wir jetzt gemeinsam angehen werden." Wäre es nicht an der Zeit, dass Vattenfall ähnliche Überlegungen anstellt, oder wartet Vattenfall erst darauf, dass die Randbetroffenen genau wie die Anwohner des Flughafens vor Gericht klagen?

Dr.-Ing Günter Seifert