Die Gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg (GL) hat am Donnerstag, den 23. Februar erstmals öffentlich mit Einwohnern über den Entwurf des neuen Braunkohlenplans für den Tagebau Welzow diskutiert. Im gut gefüllten Kulturhaus stellten sich der Abteilungsleiter der Planungsbehörde Jan Drews und seine Kolleginnen den Fragen der Bürgerinnen und Bürger.

Mit dabei war auch Drews' Vertreterin Manuela Hahn - ein Name, der bei den Proschimern in unguter Erinnerung ist: Hahn war bereits Mitte letzten Jahres im Welzower Ortsteil Proschim zu Gast und hatte Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhaus das Vorhaben vorgestellt, Bestanden hatte die Behördenvertreterin damals darauf, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner den Saal verlassen. Andernfalls hätte sie den Berliner Abgeordneten keine Informationen gegeben. Unter starkem Protest waren die Einwohner damals raus gegangen. "Zu diesem Zeitpunkt waren die Vorbereitungen der Landesplanungsbehörde für die Erstellung der Unterlagen zum Scoping-Termin sicher schon angelaufen. Unsere Meinung als Betroffene war im Vorfeld vermutlich unerwünscht", meint der Welzower Stadtverordnete Günther Jurischka (CDU). Eine Gruppe von Stadtverordneten hatte bereits im Frühjahr 2022 einen Forderungskatalog für den neuen Braunkohlenplan entwickelt. Darin wird unter anderem ein deutlich kleinerer Tagebaurestsee gefordert.

Ein Paukenschlag folgte im Dezember. Offizielle, aber vor der Öffentlichkeit bis dato geheim gehaltene Unterlagen der Gl beinhalteten, dass der Welzower Tagebaurestsee noch größer werden soll als der Cottbuser Ostsee. Der Welzower Diplom-Verfahrenstechniker Dr. Günther Seifert (Grüne Zukunft Welzow; GZW) sprach die Landesplanungsbehörde bei der Bürgerversammlung darauf an, warum diese nicht mit einem kleineren See geplant habe. Einwohner wiesen bei der Versammlung wiederholt darauf hin, dass große Seen die billigste Art der Rekultivierung für den Bergbautreiber darstellten.

Abteilungsleiter Drews gab kleinlaut zu, dass seine Behörde die Pläne des "Vorhabensträgers" in ihren Entwurf übernommen habe. Seifert stürmt daraufhin zum Podium und wies Herrn Drews darauf hin, dass auf den Unterlagen das Logo seiner Behörde zu sehen sei. Er kritisierte scharf, dass sich die Behörde somit die Ansicht des Bergbaubetreibers umfassend zu Eigen mache. Eine Antwort, warum die Behörde nicht selber eine Vorlage erstellt habe, blieb die Landesplanung den Welzowern an diesem Tag schuldig. Drews erläuterte lediglich, dass die derzeitigen Pläne wie ein "Klumpen Lehm" seien, den man im weiteren Verfahren noch "formen" müsse.

Jetzt sollten erst einmal verschiedene Gutachten eingeholt werden. Erst danach werde man entscheiden, wie groß der See wird und woher genau das Wasser kommen soll, erklärte der Abteilungsleiter der Landesplanungsbehörde. Im Jahr 2024 solle dann ein Planentwurf für den Tagebaurestsee veröffentlicht werden, gegen den die Einwohner dann ihre Einwände erheben könnten. Über die Frage, wer die Gutachter sein würden, schwieg die Landesplanung an diesem Tag. Der Stadtverordnete Günther Jurischka sprach aus, was sich viele Welzower wünschten: "Wir brauchen endlich unabhängige Gutachter". Auf die Frage, ob die Landesplanung einen Vorschlag für Gutachter aus der Welzower Bürgerschaft akzeptieren würde, reagierte die Behörde zurückhaltend und verwies auf Ausschreibungsmodalitäten.

Mit der Forderung nach Unabhängigkeit stehen die Welzower Bürgerinnen und Bürger nicht alleine da. Auch das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA fordert eine Bearbeitung des Braunkohlenplanes Welzow durch von der LEAG unabhängige Gutachterfirmen. Nach Sichtung der Unterlagen zum Scoping-Termin im Dezember wies die GRÜNE LIGA nach, dass die mit der Umweltprüfung beauftragte Firma sowohl regelmäßige wirtschaftliche Beziehungen zur LEAG hat, als auch politisch für mehr Braunkohlenabbau aktiv war.

Im Nachgang zur Bürgerversammlung sagte die CDU/GZW-Fraktionsvorsitzende im Welzower Stadtparlament Hannelore Wodtke: "Offenbar sollen wir erst zu Wort kommen, wenn bereits alle Messen gesungen sind. Das werden wir nicht hinnehmen. Wir alle wissen noch aus dem letzten Planverfahren, dass die Interessen der Bürger dann mit einem Verweis auf Gutachten weggewischt werden". Im damaligen Braunkohlenplanverfahren Welzow Süd aus dem Jahr 2014 - in dem die Abbaggerung von Proschim festgeschrieben wurde - gab es über 130.000 kritische Einwände. "Nichts davonwurde damals berücksichtigt. Hätte man seinerzeit auf uns gehört, müsste man heute nicht einen neuen Plan erstellen", gab Wodtke zu bedenken.

Auf einer ad hoc einberufenen Sitzung der CDU/GZW-Fraktion am gestrigen Sonnabend wurde beschlossen, sich an die Landesplanung zu wenden: "Wir werden die Forderung nach der Unabhängigkeit der Gutachter noch einmal bekräftigen". Zudem werde die Fraktion der Planungsbehörde den Vorschlag unterbreiten, bei der Ausschreibung für Gutachter den Parameter einzufügen, dass keine wirtschaftlichen Verbindungen zum Bergbaubetreiber bestehen dürfen. "Das wäre ein erster wichtiger Schritt für ein wenig mehr Unabhängigkeit", so Wodtke.

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