Auf einer Bürgerversammlung am Mittwochabend im Welzower Kulturhaus stellte Uwe Sell von der Gemeinsamen Landesplanung Berlin/Brandenburg (GL) unter massiver Kritik der anwesenden Teilnehmer den erneuten Entwurf für einen Plan für den neuen Tagebau Welzow Süd vor.  Demnach sollen 1900 Hektar abgebaggert werden und 810 Menschen aus Welzow und  Proschim  ihre Heimat verlieren. Sell betonte, der Tagebau werde gebraucht um das Kohlekraftwerk Schwarze Pumpe bis weit ins Jahr 2050 zu betreiben. Es gebe zwar ein Gutachten des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), das ein Neuaufschluss nicht nötig sei und sich ein Weiterbetrieb von Braunkohlekraftwerke über das Jahr 2030 hinaus nicht rechne. Die GL halte sich lieber an die Vorgaben der rotroten Landesregierung, die in ihrer Energiestrategie 2030 eine weitere Braunkohleverstromung vorsieht.

„Das Vorhaben ist der Abschied vom Rechtstaat“, sagte Hannelore Wodtke aus Welzow.  „Wir leben hier jetzt schon mit einer enormen Lärm- und Staubbelastung, die weiter zunehmen wird“. Sell bestätigte die Sorge der Bürger. Der neue Tagebau wird bis zu 200 Meter an die Wohnungen ranrücken. Auch werde es an manchen Tagen so laut werden, dass definitiv Grenzwerte überschritten werden, prognostizierte Sell. Der GL-Referent betonte, dass die Anwohner damit jedoch leben müssen. Entgegen normaler gesetzlichen Bestimmungen für Lärm und Staub durch das Bundesimmissionsschutzgesetz gelten aufgrund der Tagebauaktivitäten für die Welzower die Ausnahmen durch Bundesbergrecht. Braunkohletagebaue gehören demnach nicht zu genehmigungsbedürftigen Anlagen.  Wenn man das strikte Bundesemissionsgesetz einhalten müsse, könne nirgends in Deutschland ein neuer Tagebau eröffnet werden, so Sell.

Auch der Welzower Pfarrer Schütt machte seinen Unmut kund. So werde sein evangelischer Kindergarten direkt an der Kante des Tagebaues liegen. Das naturnahe Konzept der Kindererziehung werde Schütt wohl aufgeben, wenn überhaupt noch junge Menschen in der Region wohnen bleiben wollen. Zudem sei im neuen Entwurf des Braunkohlenplanes die Umbettung des Proschimer Friedhofes rausgenommen worden, kritisierte Schütt.

„Wir leben wie in einem Kriegszustand und sind Rechte beraubt, die anderen Brandenburgern zustehen“, kommentierte Petra Franz aus Neupetershain am Nordrand des Tagebaus Welzow die Veranstaltung. So gilt im Bezug auf den Tagebau noch nicht mal das Nachbarschaftsrecht des Landes Brandenburg. „Wir kommen uns vor wie Aussätzige, die nicht zur übrigen Gesellschaft gehören“, sagte die Tagebaurandbetroffene.

Viele Proschimer blieben indes der Versammlung fern. „Das ist doch eine Farce was mit uns getrieben wird“, kommentierte Günter Jurischka aus Proschim die Pläne zur Enteignung und Abbaggerung seines Ortes. Jurischka verwies darauf, dass sein Dorf dem neuen Tagebau von Vattenfall weichen soll, obwohl keine abbaubare Braunkohle unter Proschim liegt. Die Einwohner sollen umsiedeln, weil das Deckgebirge der Gemarkung Proschim mit 900 ha Ackerland und ca. 300 ha Wald für andere auf gebuddelte Bergbaulöcher verkippt werden soll, so Jurischka.  Auch werden Alternativpläne zu Erhaltung von Proschim von der GL noch nicht einmal in Betracht gezogen. Zwar habe die GL einen Variante geprüft ohne Proschim abzubaggern aber dann rechne sich das Vorhaben für den Bergbaubetreiber Vattenfall nicht mehr so üppig.

Jurischka erklärte weiterhin, er sei der Überzeugung das die Proschimer Bauern niemals einer Umsiedlungen eine Exklave von ca. 3 Prozent der heutigen Proschimer Gemarkung zustimmen werden. „Dieser Plan bedeutet, dass wir eingepfercht nahe dem Friedhof Terpe auf einem Regenwassersammel-Areal mit Blick auf die Wolkenmaschine, Dreck- und Giftschleuder Schwarze Pumpe siedeln sollen“. Die 43 ha wären nicht einmal ausreichend für eine Halbhüfnerwirtschaft und läge ohne hin auf eine Braunkohlelagerstätte die in starker Mächtigkeit über Spremberg bis nach Cottbus verläuft, so der Proschimer. „Dieser Plan ist irreführend, unsozial und energiepolitisch betrügerisch und ist unverzüglich  von der GL zurückzuziehen“, fordert Jurischka.

Einig sind sich Wodtke, Jurischka, und Franz in ihrem Widerstandswillen: „Wir lassen uns trotz aller Ungerechtigkeiten nicht unterkriegen“. Erst im Mai diesen Jahres konnten die Welzower in Zusammenarbeit mit den Tagebaurandbetroffenen aus der Region Jänschwalde einen Teilerfolg erringen. Ihre Forderung nach einer Beweislastumkehr im Bergrecht und die Einrichtung einer Schiedsstelle für Bergschäden wurde im Potsdamer Landtag heftig diskutiert.  Die Mehrheit der Landtagsabgeordneten folgten dem Ansinnen der Tagebaurandbetroffenen und verordneten der Regierung eine Prüfung ihrer Forderungen. “. Noch bis zum 17. September können im Rahmen der Öffentlichkeitbeteiligung für den neuen Tagebau Welzow Süd II Widersprüche eingereicht werden. Muster- Sammeleinwendungen stellt ein breites Bündnis unter www.kein-weiteres-dorf.de zu Verfügung.